Zum Film
Hannah Maynard, Anklägerin am Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, führt einen Prozess gegen Goran Duric, einen ehemaligen Befehlshaber der jugoslawischen Volksarmee. Ihm wird vorgeworfen, für die Deportation und die spätere Ermordung bosnisch-muslimischer Zivilisten in Kasmaj, einer Kleinstadt in der heutigen Republika Srpska, verantwortlich zu sein.
Als sich ein wichtiger Augenzeuge bei seiner Aussage in Widersprüche verstrickt, schickt das Gericht eine Delegation nach Bosnien, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Die Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen erhärten sich, allem Anschein nach sagt er nicht die Wahrheit. Kurz darauf findet man seine Leiche; er hat sich in seinem Hotelzimmer das Leben genommen.
Hannah gibt den Fall nicht verloren. In der Hoffnung, neue Erkenntnisse zu gewinnen, reist sie zur Beerdigung des Zeugen nach Sarajevo und trifft dort auf dessen Schwester Mira. Schon bald gewinnt Hannah den Eindruck, dass die junge Frau mehr über den Angeklagten zu sagen hat, als sie zunächst zugeben möchte.
Obwohl Mira Angst hat, sich der Vergangenheit zu stellen und damit ihre ahnungslose Familie zu gefährden, mit der sie sich in Deutschland ein neues Leben aufgebaut hat, liefert sie schließlich den entscheidenden Hinweis für Durics Verbrechen und erklärt sich bereit, ihre Aussage vor dem Tribunal in Den Haag zu wiederholen.
Unmittelbar vor der entscheidenden Verhandlung versuchen Durics Verteidiger, Miras Zulassung als Zeugin zu verhindern – und finden mit ihrem Anliegen unerwartet Unterstützung von Seiten der Richterschaft. Hannah begreift, dass ihre Gegner nicht nur auf der Anklagebank, sondern auch in den eigenen Reihen zu finden sind.
STURM
Mit Kerry Fox, Anamaria Marinca, Stephen Dillane, Rolf Lassgård, Alexander Fehling, Kresimir Mikic u.v.a.
Regie: Hans-Christian Schmid
Buch: Bernd Lange, Hans-Christian Schmid
Kamera: Bogumił Godfrejów
Montage: Hansjörg Weißbrich, BFS
Musik: The Notwist
Szenenbild: Christian M. Goldbeck, SFK
Kostümbild: Steffi Bruhn
Maskenbild: Heike Merker, Henny Zimmer
Ton: Patrick Veigel
Sound Design & Mischung: Hans Møller
Supervising Line Producer: Ralph Brosche
Redaktion: Ulrich Herrmann, Georg Steinert, Wolf-Dietrich Brücker, Bettina Ricklefs
Co-Executive Producers: Peter Aalbæk Jensen, Peter Garde
Koproduzenten: Marie Gade Denessen, Bettina Brokemper, Frans van Gestel, Jeroen Beker
Executive Producer: Maria Köpf
Produzenten: Britta Knöller, Hans-Christian Schmid
Eine Produktion von 23/5 Filmproduktion in Co-Produktion mit Zentropa Entertainments Berlin, Zentropa International Köln, Zentropa Entertainments5, Zentropa International Netherlands, IDTV Film, Film I Väst, SWR, ARTE, WDR und BR
Gefördert von Eurimages, Filmstiftung NRW, Medienboard Berlin-Brandenburg, FFA, DFFF, BKM, Danish Film Institute, Netherlands Film Fund, City of The Hague, Rotterdam Film Fund
Im Verleih der Piffl Medien
Pressestimmen
»Einer der besten Filme des Jahres, kluges und mutiges Kino, unglaublich packend und sehr emotional. Kerry Fox und Anamaria Marinca liefern sich ein Schauspielerduell, das einfach zum Niederknien ist ... Gehen Sie in diesen Film!« ZDF Morgenmagazin
»Sturm ist ein großartiger Film, nah an der Realität und doch ein packender und berührender Thriller um Politik und Integrität.« ZDF Heute Journal
»Im Mittelpunkt dieses eindringlichen Thrillers: zwei unglaublich starke Frauen, die sich gegenseitig einen Darsteller-Bären wegzuspielen scheinen.« Die Welt
»Mit einer großartigen internationalen Besetzung und atemberaubend nahe an der Wirklichkeit … ein ebenso ungewöhnlicher wie faszinierender Politthriller von Deutschlands interessantestem Regisseur.« Exberliner
»Ein komplexer, wichtiger und hochpolitischer Film, der lange nachwirkt – Film des Monats!« Kulturnews
»Unterstützt von zwei anbetungswürdigen Darstellerinnen erzählt Schmid die Geschichte wie einen Thriller, ohne Moralpredigten, spannend und trotzdem seltsam nah am Leben! « Kulturspiegel
»Sturm ist ein kleines Wunder, meisterhaft gespielt, klar, spannend und sehr emotional ... Wenn Sie sich nur einen Film im Jahr anschauen wollen, dann schauen Sie sich Sturm an!« RBB Filmvorführer
»Hans-Christian Schmid macht einfach verdammt gute Filme.« U_mag
»Ein drängender Film über Zivilcourage, ein spannender Thriller, der die Zuschauer im Sturm erobert.« Brigitte
»Was für ein packender, kluger und differenzierter Film!« Kölnische Rundschau
»Herausragend beobachtet, feinfühlig inszeniert und packend erzählt – Sturm ist deutsches Kino 2.0!« Uncle Sally’s
»Auf Augenmaß mit wegweisenden Filmen von Lumet, Jewison und Pollack ... Erstklassig!“ Player Leipzig
»Kerry Fox spielt die erst pflichtbewusste, dann gekränkte, schließlich verzweifelt kämpferische Anklägerin beim Kriegsverbrechertribunal in Den Haag, deren Wunsch nach Gerechtigkeit mit der Mechanik der Prozessordnung und den politischen Opportunitäten kollidiert. Kerry Fox ist großartig – und wird noch übertroffen von Anamaria Marinca als bosnischer Zeugin. STURM braucht mehr erklärende Dialoge, als man von Schmid gewohnt ist, aber er stolpert nie in die Falle von Gratismoral und empörtem Gutmenschentum. Hans-Christian Schmid ist eben auch ein Skeptiker, und weil er nicht mit der Geste desjenigen auftritt, der eine gute Sache in pompöser Verpackung verkaufen will, gewinnt er an Glaubwürdigkeit. STURM ist auch die Geschichte einer Enttäuschung, eines systembedingten Scheiterns mit einem Quantum Hoffnung – also ein Blick auf die Welt, wie sie ist.« FAZ
»Hans-Christian Schmid fügt seinem eindrucksvollen Werk ein weiteres Prunkstück hinzu. Mit Sturm ist ihm ein herausragender Film gelungen.« Filmstarts.de
»Was den Film ganz eigenständig macht, ist Schmids unvoreingenommener Blick. Wenn etwa das ganze Gericht zu einem Ortstermin nach Sarajevo einfliegt, wenn Hannah eine Schutzweste anziehen muss, weil es jetzt ins „Feindesland“ geht, in die immer noch hassverseuchte Republik Srpska, und dann ein Konvoi schwarzer Limousinen sich durch die fast schmerzhaft idyllische Hügellandschaft windet, zur träumerischen Musik von Notwist – dann werden die widersprüchlichsten Gefühle plötzlich ganz sinnlich erfahrbar: Der Wahnsinn dieses vergangenen Krieges – aber auch die Okkupationsgeste, mit der die internationale Gemeinschaft hier Frieden und Recht erzwingen will. Meisterhaft, wie Schmid und Lange diese Kräfte aufeinanderkrachen lassen, bis ein „Deal“ erreicht ist, der nicht nur das Leben der wichtigsten Zeugin zu zerstören droht, sondern die Existenz der Anklägerin gleich mit.« Süddeutsche Zeitung
»Starke Schauspieler, präzise Dialoge und der Verzicht auf jeden Firlefanz: So sieht überzeugendes Kino aus!« Oxmox Hamburg
»Ein Thriller, ohne Zweifel. Schmid ist ein mitreißender Film gelungen.« Neues Deutschland
»Hans-Christian Schmid zeigt, was der Internationale Gerichtshof in Den Haag seinem Wesen nach ist: eine Maschine. Und er zeigt, wie heikel es ist, zwischen den Rädern dieser Maschine als Mensch zu bestehen. Hannah (Kerry Fox) ist das heftig schlagende Herz dieses Films, der immer dann zur Großartigkeit aufläuft, wenn er die Zusammenhänge zwischen behinderter Wahrheitssuche und Urteilsfindung, zwischen Rechtssprechung und politischer Räson sowie diplomatischer Ranküne aufzeigt.« Berliner Zeitung
»Ein glänzend inszenierter, auch emotional überzeugender Film.« AZ München
»STURM wagt sich auf das schwierige Terrain eines Kriegsverbrechertribunals und trifft dort auf eine ungewöhnliche Anordnung von Helden, Schurken und Opfern in einem besonderen Spannungsfeld: Der Held bringt den Schurken vielleicht nicht zur Strecke; das Opfer darf nicht so aussagen, wie es will; und die Rechtssprechung droht, zur Handlangerin politischer Zweckmäßigkeit zu werden. Der Film ist wie ein „reality check“ für ein Genre, in dem sonst die Guten am Ende immer irgendwie gewinnen. Die pulsierende Filmmusik von Notwist und die nahtlos montierten Handlungsverläufe quer durch Europa steigern die Spannung bis zum Höhepunkt des Films. Die eskalierenden Bedrohungen, die politischen Ränkespiele, die zunehmende Verunsicherung im Leben der Protagonisten und die Intrigen aus allen Richtungen lassen den Film zu einem faszinierenden Schachspiel werden: Ein Spiel jedoch, dessen Herz menschliche Gefühle und die schwierige Suche nach Gerechtigkeit bilden.« The Hollywood Reporter
»Verloren, ungläubig, aber immer irgendwie gefasst, lässt Kerry Fox ein bodenloses Gefühl zu, das einem im Kino jeden Rückweg abschneidet. Man ist ausgeliefert. Die Wahrheit längst Verhandlungssache. Wie sich Hannah und Mira dann ergänzen und dem Männerkomplott die Stirn bieten, ist gerade so viel Kinohoffnung, dass die Absichten der Drehbuchautoren nicht verpulvert werden. Richtig klasse!« Westfälischer Anzeiger
»STURM, der erste große Spielfilm über das in der Rechtsgeschichte einmalige Tribunal, zeigt eine junge Institution, die von gestandenen Juristen und EU-Politikern gelähmt wird. Es ist die Dramaturgie der Verhinderung, die Schmids emotionalem Drama seine Spannung gibt – und beim Berlinale-Publikum wie ein Triumph gefeiert wurde. Wieder einmal fördert Schmids einfühlsame Personenregie ganz außergewöhnliche Resultate zu Tage: Verkörpert vom rumänischen Star Anamaria Marinca, ist die Figur der Mira in all ihrer verstümmelten Emotionalität das Gefühlszentrum des Films.« Frankfurter Rundschau
Regiestatement
ZUM FILM
STURM ist der neue Spielfilm von Regisseur Hans-Christian Schmid (23, CRAZY, LICHTER, REQUIEM), entstanden als deutsch-dänisch-niederländische Koproduktion mit einem internationalen und bis in die Nebenrollen herausragend besetzten Ensemble. Neben Kerry Fox (Silberner Bär 2001 für INTIMACY) als Hannah Maynard und Anamaria Marinca (u.a. nominiert zum Europäischen Filmpreis für 4 MONATE, 3 WOCHEN, 2 TAGE) als Mira Arendt spielen u.a. Stephen Dillane, Rolf Lassgard, Alexander Fehling, Jesper Christensen, Bent Mejding und Alexis Zegerman. Das Filmteam versammelt langjährige Weggefährten von Hans-Christian Schmid wie Bernd Lange (Buch), Bogumił Godfrejów (Kamera), Hansjörg Weißbrich (Schnitt) und Christian M. Goldbeck (Szenenbild).
STURM wurde im Wettbewerb der Internationalen Filmfestspiele Berlin 2009 uraufgeführt und mit dem Amnesty International Filmpreis, dem Preis der Leserjury der Berliner Morgenpost und dem Preis der Gilde deutscher Filmkunsttheater ausgezeichnet. Zu den weiteren Filmpreisen zählen der Preis der Frankfurter Autorenstiftung für das beste Drehbuch und der Bernhard-Wicki-Preis – Friedenspreis des deutschen Films 2009.
REGIESTATEMENT
Integrität auf der einen und die Biegsamkeit der Wahrheit auf der anderen Seite – das ist das Spannungsfeld des Konfliktes, in dem sich unsere Hauptfigur Hannah bewegt. Das persönliche Schicksal der Zeugin Mira droht aus dem Blickfeld zu geraten, weil sich das Tribunal einem willkürlich auferlegten Zeitrahmen unterordnen muss. Ein Kompromiss, der die Beschleunigung des Verfahren ermöglicht, scheint für alle Beteiligten eine vernünftige Lösung zu sein. Außer für Hannah.
Uns haben die Widersprüche einer Frau interessiert, für die die Pflichterfüllung innerhalb der Institutionen immer oberstes Gebot war und die nun durch ihre Unnachgiebigkeit zur Außenseiterin zu werden droht. Die mit dem Umstand konfrontiert wird, dass sich ein System gegen sie stellt, das sie immer überzeugt und mit Leidenschaft vertreten hat.
(Hans-Christian Schmid)
ICTY ÜBERSICHT
1993 beschließt die UN-Resolution 827 die Einrichtung des „International Criminal Tribunal For The Former Yugoslavia“ (ICTY). Das Tribunal hat seitdem 161 Personen angeklagt.
Derzeit noch 18 laufende Verfahren gegen 41 Angeklagte, davon
> Berufungsverfahren: 12 Angeklagte (5 Fälle)
> Hauptverhandlung: 21 Angeklagte (7 Fälle)
> Beweisverfahren: 6 Angeklagte (4 Fälle)
> Flüchtig: 2
Mittlerweile 86 abgeschlossene Verfahren gegen 120 Angeklagte, davon
> Freisprüche: 11 (8 Fälle)
> Verurteilungen: 60 (48 Fälle)
> Nationaler Gerichtsbarkeit unterstellt: 13 (8 Fälle)
> Verfahren eingestellt: 20
> Verstorben: 16
Mit der Resolution 1503 hat der UN-Sicherheitsrat am 28.03.2003 das ICTY aufgefordert, alle erstinstanzlichen Verfahren bis 2010 abzuschließen.
(Quelle für die ICTY-Statistik: www.icty.org/sections/KeyFigures#procdetails, Stand: 28.05.2009)