Kinostart: 10.11.2020
Peter Handke - Bin im Wald. Kann sein, daß ich mich verspäte
Ein Film von Corinna Belz
"Ein großartiges, sehr intimes Porträt"
DEUTSCHLANDRADIO KULTUR
"Ein kluger Film über einen großen Künstler"
FBW – PRÄDIKAT BESONDERS WERTVOLL
Zum Film
Viele seiner Buchtitel klingen wie die Titel einer Jukebox und wurden zu Losungen mehrerer Generationen von Lesern: „Publikumsbeschimpfung“, „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“, „Wunschloses Unglück“, „Der kurze Brief zum langen Abschied“, „Das Gewicht der Welt“, „Immer noch Sturm“. In den Sechzigern zeigte Peter Handke als einer der ersten, wie das geht: der Schriftsteller als angry young man und Popstar des Literaturbetriebs, kom-promisslos in seiner Sprache und der Vielfalt seines Schreibens, Prosa, Theater, Drehbücher, Gedichte, Essays, Übersetzungen. Kaum war er auf den Bestsellerlisten, kehrte er dem Rummel den Rücken. Er ging auf Reisen, und immer nahm er seine Leser mit in den Rhythmus seiner Sprache, in seine langen, schwingenden Sätze.
Seit vielen Jahren lebt und arbeitet Peter Handke in seinem Haus in einer Pari-ser Vorstadt, ein stiller, gastlicher, von Leben und Schreiben, Sprachlichem und Nicht-Sprachlichem aufgeladener Ort – „eine Rettung“, wie Handke einmal sagt. Hier beginnt der Film von Corinna Belz, von hier aus bricht er auf zu seinen mal hoch konzentrierten, mal fast beiläufigen, immer aufmerksamen Erkundungen und Begegnungen, hierher kehren wir ein ums andere Mal zurück. Peter Handkes genauer, freier Blick wird spürbar in seinen Texten, den Ge-sprä-chen, dem Kosmos seiner Notizbücher, den zahlreichen bisher unveröffentlichten Polaroids.
Nach GERHARD RICHTER PAINTING hat Corinna Belz erneut einen unwiderstehlichen, klugen, im besten Sinn begeisternden Film geschaffen, der überraschende Einblicke in das Denken, die Arbeit und das Leben des Schriftstellers Peter Handkes eröffnet. Ein Film über das Schreiben, über die Wahrnehmung der Wirklichkeit und ihre Verwandlung in Kunst, über die Kunst und Notwendigkeit des Erfindens – und über die die großen, unverzichtbaren Fragen, die uns Peter Handke eindringlich und zuweilen unerwartet liebevoll stellt: "Was ist jetzt? Wie soll man leben?"
Pressestimmen
"Ein großartiges, sehr intimes Porträt"
DEUTSCHLANDRADIO KULTUR
"Ein kluger Film über einen großen Künstler"
FBW – PRÄDIKAT BESONDERS WERTVOLL
Regiestatement
Lange bevor ich daran dachte, Filme zu machen, wollte ich lesen. Ich las schon, bevor ich lesen konnte. Ich schaute mir Buchrücken an, ihre Farben und Titel, und folgte den Buchstaben in der schönen Regelmäßigkeit ihrer abstrakten Ordnung. Und was erst für eine großartige Entdeckung, als ich mit Anfang zwanzig auf einen Schriftsteller namens Peter Handke stieß, der das Licht zwischen den Stengeln eines abgeernteten Feldes in seinen Sätzen aufscheinen lassen kann, dass man sich die Augen reibt, der das Eis in zwischenmenschlichen Beziehungen genau darstellt, die Gefährdung des Ichs, und der die Welt durch seine Sprache erwärmt wie kaum ein anderer.
Mit einer nicht endenden Aufmerksamkeit und Geduld widmet sich dieser ungeduldige Mann seit mehr als fünf Jahrzehnten dem Schreiben. Dabei fällt ihm das Sprechen nicht leicht, zu kostbar und gleichzeitig ungesichert ist das Terrain. Nicht ver-wun-derlich also, dass auch meine Fragen auf die Goldwaage gelegt wurden. Versuch, Widerspruch, neue Versuche.
Es folgten lange Gespräche und die Entdeckung einer Unmenge von Fotos, die Peter Handke in den Siebzigern mit seiner Polaroidkamera gemacht hat, sowie des großartigen Kosmos seiner Notizbücher. Mich faszinierte die Gewissheit, mit der der junge Autor vom Land in den frühen Sechzigern, die Sprachlosigkeit hinter sich ließ, das Wort ergriff und sich in die Mitte der literarischen Welt einschrieb.
Der Film spannt einen großen Bogen vom Portrait des Dichters als junger Mann, der mit einer wilden, provokativen Bestimmtheit seine Aufgabe in der Gesellschaft definierte, und dem Leben des Schriftstellers heute in einer Pariser Vorstadt: das Haus, die kleinen Dinge, Fundstücke und Rituale, stofflich, analog. Hier öffnet sich eine ganze Welt: Handschrift, Sprache, Leben in der Familie und ohne Familie, die Toten und die Lebenden. Der Film erzählt von einer großen Scheu, von ihrer Überwindung, von der Liebe zur Literatur und der immer akuten Frage, die uns die Dichter seit Tausenden von Jahren stellen: Wie wollen wir leben?
(Corinna Belz)