„Wir
sind hier in Ulupamir in der Ost-Türkei, um einen
Film zu machen. Ein Film nicht über, sondern mit
den Pamir-Kirgisen. Unserer handelt von Heimat, Exil,
Verbundenheit und Sehnsucht.“ |
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37 Uses For A Dead Sheep
Caligari-Filmpreis, Forum der Internationalen Filmfestspiele
Berlin 2006 HotDocs Toronto, Best International Feature
Starring The Kirghiz Of Pamir
Ein Film von BEN HOPKINS in Zusammenarbeit mit Ekber Kutlu
„Alle vermissen ihre Heimat
hier. Ich frage dich, warum? Der Himmel ist überall gleich,
die Berge, die Flüsse, die Seen. Aber wenn du hier auf
einen Berg steigst, vermisst du die Berge der Heimat. Ich weiß nicht,
warum das so ist.“ (Ekber Kutlu)
Synopsis
Die Volksgruppe der Pamir-Kirgisen stammt aus der Pamir-Region
in Zentralasien und umfasst heute etwa 2.000 Menschen. Seit
27 Jahren leben die Pamir-Kirgisen im Exil in der Osttürkei,
nachdem sie in den letzten 100 Jahren aus dem russischen, dem
chinesischen und schließlich dem afghanischen Pamir vertrieben
wurden.
Der Filmemacher Ben Hopkins besuchte die Pamir-Kirgisen 2005
in ihrem Dorf Ulupamir mit einem englisch-türkischen Filmteam. 37
uses for a dead sheep montiert Interviews, Alltagsleben
und nachinszenierte Stummfilmszenen aus ihrer Geschichte zu
einem mitreissenden Film über ein einzigartiges Volk,
dessen Kultur bis heute zwischen geopolitischen Interessen
und Globalisierung lebendig geblieben ist. In der selbstironisch
dokumentierten Interaktion zwischen Filmteam und Dorfgemeinschaft
entpuppt sich 37 uses for a dead sheep nicht zuletzt
als überraschende Komödie über den Prozess des
Filmemachens selbst...
„Im durchaus selbstironischen Spagat zwischen Dokumentation,
Abenteuerfilm und Anekdotensammlung gelingt es Hopkins, die
lange Migrations- und Vertreibungsgeschichte der Pamir-Kirgisen
vor Augen zu führen, wobei er en passant auch das Abenteuer
des Filmemachens reflektiert. Die Protagonisten werden darüber
zu den Darstellern ihrer eigenen Wirklichkeit. Die Wahrhaftigkeit
des Films beruht zu großen Teilen auf dem Witz, der
Spielfreude und dem Humor seiner ‚Helden’.“ (Caligari
Filmpreis 2006, Jurybegründung
Top
„Ich sehe das, was ich in Pamir
gesehen habe, die Weiden, die Berge, der wundervolle Blick...
alles, was ich in meinem Leben gesehen habe, sehe ich nun in
meinen Träumen. Wenn ich aufwache, ist es vorbei.“ (Haci
Mahmut)
Pressestimmen
„ Originell, warmherzig und wunderbar durchgeknallt.
Muss man sehen! ...
Es hätte eine ganz gewöhnliche Ethno-Doku werden
können: ernsthaft, faktenreich – und langweilig.
Wenn nicht Ben Hopkins hinter dem Projekt gesteckt hätte,
ein britischer Regisseur mit ausgeprägtem Hang zum Absurden.
Der Film porträtiert auf unkonventionelle Art ein eigenwilliges
Volk und demonstriert mit einer großen Portion schrägen
Humors, wie Historie und Mythen konstruiert werden. Er spielt
auf ganz eigene Art das alte Problem von der Grenze zwischen
Fiktion und Realität durch und macht bei all dem immer
wieder deutlich: Die Pamir-Kirgisen sind im Grunde auch nicht
eigenartiger als wir Europäer.“ Zitty
„Pamirkirgisen? Nie gehört? Dann wird‘s Zeit.
Der Brite Ben Hopkins hat inen tollen Dokumentarfilm über
das knapp zweitausendköpfige Volk gemacht, das nach einer
jahrzehntelangen Odyssee durch halb Asien heute im türkischen
Exil lebt.“ Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
„Ein Dokumentarfilm, der blitzgescheit und voller
Witz die Geschichte der Pamirkirgisen erzählt und dabei
das Genre neu definiert... Hopkins’ Spiel mit Entwürfen
von Wirklichkeit ist nicht albern oder unverbindlich. Er begreift
diese Entwürfe aus ihrer existentiellen Dringlichkeit
heraus, aus der Notwendigkeit, dem Leben Halt und Zusammenhalt
zu geben.“ Berliner Zeitung
„Gelacht wird viel in dieser spielerisch ausschweifenden
Dokumentation. Die Erzähllust sucht sich hier ihre eigenen
bunt schillernden Formen. Hopkins mixt Reisebericht und Abenteuer-Kinematografie,
ethnologisches Dokument und Spielszenen und durchwirkt dieses
Patchwork mit Sympathie und ironischer Selbstreflexion. So
formt er seine Hommage an das kleine Turk-Volk der Pamir-Kirgisen,
kein heroisches Gemälde, sondern ein Panorama von Skizzen,
in denen das Durchhaltevermögen und die Lebenslust der
Kirgisen aufscheinen kann. Und die Filmgeschichte ist immer
präsent: Da stürmen die Russen in einem Montagewirbel à la
Eisenstein heran. Da wird die Geschichte eines opiumsüchtigen
Kirgisen in der Manier eines Stummfilmmelodrams geschildert,
mit Dialogtiteln und Musik. Immer bleibt die Annäherung
respektvoll, und die Kirgisen behalten das letzte Wort.“ SZ
„Uraltes Wissen zu erkunden darüber, was sich denn
alles aus einem Schaf so machen lässt, ist in diesem sehenswerten
Film eine Art Zauberformel, ein Sesam-öffne-dich... Er
habe keinen Film über die Pamir-Kirgisen drehen wollen,
erklärt Hopkins, sondern einen Film mit ihnen. Das ist
ihm auf ebenso ernste wie witzige Weise gelungen. Anstatt sich
zum allwissenden Ethnographen zu erheben, dreht er die Entstehung
seines Werks nämlich gleich mit – als Komödie.
Mit seinen nachgestellten Szenen im Look uralten Filmmaterials
erinnert 37 uses an Atom Egoyans Ararat,
in dem ganz ähnlich eine filmische Ästhetik entwickelt
wurde, die den Raub der Identität eines Volkes nicht wiederholt.“ Berliner
Morgenpost
„Es gibt Dokumentarfilme wie Die Geschichte vom
weinenden Kamel, die von sich behaupten, sie seien in
Zusammenarbeit mit ihren Helden entstanden. Und es gibt Dokumentarfilme,
die das wirklich tun. Dazu gehört 37 uses for a
dead sheep. Schon in den ersten Minuten weiß man:
Es mag sich hier nur um irgendein versprengtes, vergessenes
und winziges Volk im äußersten Osten der Türkei
handeln – die Art aber, wie man sich diesem Volk gemeinsam
mit dem Filmemacher nähert, ist derart interaktiv und
humorvoll, dass es einem so vorkommt, als gäbe es kein
interessanteres Thema auf dieser Welt... Nicht nur einfach
herrlich lustig, sondern man weiß: Hier hat sich einer
sämtliche Fallen gemerkt, in die der ethnografische
Dokumentarfilm immer wieder getappt ist. Ben Hopkins hat
nicht einfach einen Film über ein exotisches Steckenpferd
gemacht, er hat mit seinem Steckenpferd geredet – und
es so zum Leben erweckt.“ Taz
„Der britische Regisseur Ben Hopkins war schon immer
für Überraschungen gut: Vor sechs Jahren entstand
seine herrliche Londoner Endzeit-Grotese Die neun Leben
des Tomas Katz, derzeit ist er für den Dokumentarfilm
entflammt. 37 uses for a dead sheep zeigt die wechselvolle
und hochdramatische Geschichte einer 2.000 Menschen zählenden
Volksgruppe, die seit 27 Jahren im osttürkischen Exil
lebt. Eine spannende und humorvolle Geschichtsdokumentation,
bei der Ben Hopkins Höhepunkte des historischen Geschehens
im kinematografischen Stil der jeweiligen Zeit reinszenierte.
Er wird dabei vom ganzen Dorf unterstützt, allen voran
von Ekber Kutlu, dem Künstler der Gemeinde, der darüber
wacht, dass die Schnurrbärte der Ahnen im Film richtig
liegen und die Posten stimmen. Und dann sind da ja noch die
37 Möglicgkeiten, ein totes Schaf zu verwerten – ein
klarer Fall für den neugierigen Ben Hopkins.“ Tip
„Auf drei, auch durch digitales, 16mm- und Super 8-Material
unterschiedenen Ebenen lässt sich Hopkins auf die Pamirkirgisen
ein: als Interviewer, der zusammen mit einem Dorfalten drei
Dutzend nutzbringende Verwendungen von Schafen auflistet; als
ironischer Rekonstrukteur, der historische Wendepunkte nachstellt;
schließlich als Beobachter einer rapide dahinschwindenden
Dorfgegenwart. Ben Hopkins tut dies mit einer humorvollen Genauigkeit,
die nur in Zusammenarbeit mit den Pamirkirgisen entstehen konnte.
So ist seine Perspektive auf die Pamirkirgisen gebrochen durch
den Blick in den eigenen Spiegel: darauf, welche Materialschlacht
entbrennt, wenn selbst ein kleines Team wie das seine einfällt
in eine von außen bisher nur wenig erschlossene Welt.“ Tagesspiegel
„Neben Einzelinterviews und opulent als Stummfilm nachinszenierten
Szenen aus der pamirkirgisischen Vergangenheit enthüllt
der Film zudem seine eigene Produktionsweise. 37 uses for a
dead sheep ist ein erfrischendes Dokumentarspiel-Stummfilmdrama,
das sein eigenes Making Of gleich mitintegriert – und
neben viel Ethnografischem auch in die Geheimnisse der mannigfaltigen
Verarbeitung der dort heimischen Zotteltiere einführt.“ Film-Dienst
„In 37 uses for a dead sheep porträtiert Ben Hopkins
auf ungewöhnliche Weise die Odyssee des vergessenen Stammes
der Pamirkirgisen in Zentralasien. In einem durchaus selbstironischen
Spagat zwischen Dokumentation, Abenteuerfilm und Anekdotensammlung
gelingt es Hopkins, die lange Migrations- und Vertreibungsgeschichte
der Pamirkirgisen vor Augen zu führen, wobei er en passant
auch das Abenteuer des Filmemachens reflektiert. Die Protagonisten
werden darüber zu den Darstellern ihrer eigenen Wirklichkeit.
Die Wahrhaftigkeit des Films beruht zu großen Teilen
auf dem Witz, der Spielfreude und dem Humor seiner ‚Helden’.
Mit leichter Hand jongliert Hopkins mit den Formaten von Super
8 bis Digi Beta und schafft dabei ein charmantes und hintergründiges
Filmvergnügen.“ Caligari Filmpreis
2006 – Jurybegründung
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„Pamir, so weit ich es von meinen
Eltern gehört habe, ist kein Ort, wo ich leben wollte.
Es gibt keinen Komfort dort, es ist nichts Schönes daran.
Ich will nach Istanbul, wo ich schon viel Zeit verbracht habe.
Ich will dort ein Geschäft aufmachen, ein Internet-Cafe,
und ich hoffe sehr, dass es klappen wird.“ (Mümtaz)
BEN HOPKINS ÜBER ‚37 USES‘
In den ethnografischen Dokumentarfilmen meiner Kindheit begaben
sich westliche Filmteams in exotische Regionen und filmten
die dort lebenden Menschen, während eine sonore Kommentatorenstimme
aus dem Off den Zuschauern die Bilder erklärte. „Hier
sehen wir Burku, den Schäfer. Jeden Morgen treibt Burku
seine Schafe den Berg hinauf...“ Es gab ein eindeutiges ‚Wir‘:
das beobachtende Filmteam aus dem Westen auf der einen Seite – und
ein „Die anderen“: das ‚exotische’ Volk,
dessen Leben vor der Kamera ausgestellt wurde.
Als ich meinen Dokumentarfilm Footprints in Afghanistan
drehte, stieß ich auf die Geschichte der Pamir-Kirgisen.
Es fiel sofort ins Auge, wie reich diese Geschichte ist und
wie deutlich darin der Einfluss mächtiger geopolitischer
Kräfte auf eine kleine Gemeinschaft zum Ausdruck kommt.
Als ich die Kirgisen kennen lernte, war sofort klar, dass dies
kein weiterer Fall von „Wir und die anderen“ sein
konnte. Es um ihre Geschichte, und sie selbst mussten an der
Erzählung beteiligt sein.
Ich schlug vor, den Film gemeinsam mit Ekber Kutlu, einem
Bildhauer und Intellektuellen aus der kirgisischen Gemeinschaft,
zu machen und gemeinsam an der Rekonstruktion der Vergangenheit
zu arbeiten. Im Lauf dieses Prozesses wollten wir Interviews
und Darstellungen ihres gegenwärtigen Lebens in der Hoffnung
zusammentragen, auf diese Weise zu einem Bild ihrer Vergangenheit
und Gegenwart zu gelangen. Es sollte ein Film über ihre
Geschichte werden, wie sie von ihnen erzählt wurde. Sie
nahmen den Vorschlag an.
Was mir an diesem Film, der durch unsere gemeinsame Arbeit
entstanden ist, am besten gefällt, ist das starke Gefühl
von camaderie, das in ihm spürbar wird. Ich denke,
man kann erkennen, dass wir Spaß an der gemeinsamen Arbeit
hatten, dass wir die guten und die kritischen Momente geteilt
haben – und dass wir viel gelacht haben. Der Film ist
ein Dokument der kirgisischen Vergangenheit und Kultur ebenso
wie das eines ungewöhnlichen und sehr unterhaltsamen künstlerischen
Projektes. Und nicht zuletzt ist er das Ergebnis einer gelungenen
Zusammenarbeit von Menschen aus sehr unterschiedlichen Kulturen.
Mittlerweile haben wohl alle in Ulupamir den Film gesehen.
Als wir 37 uses for a dead sheep im April auf dem
Filmfestival Istanbul gezeigt haben, kamen die drei Kutlu-Brüder
und einige der jüngeren Pamir-Kirgisen, die in Istanbul
leben, mit zur Vorführung und danach zum Publikumsgespräch
azf die Bühne. Ich denke, sie sind sehr glücklich
mit dem Ergebnis, vielleicht sogar stolz.
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„Die Veränderung wird kommen,
weil die jungen Leute unsere Kultur nicht weitertragen. Sie
sehen Filme im Fernsehen, neue Orte, und sie versuchen,
wie die Leute zu sein, die in Istanbul leben. Wir haben keine
große Angst vor dieser Veränderung. Wir wissen,
dass das der Lauf der Welt ist. Die Dinge verändern sich.“ (Ekber
Kutlu)
DIE GESCHICHTE DER PAMIR-KIRGISEN
Die Pamir-Region ist ein hochgelegenes Gebiet in Zentralasien,
wo das heutige Tadschikistan, China und Afghanistan aufeinander
treffen. Die letzten 27 Jahre haben die Pamirkirgisen jedoch
im Exil verbracht, im eigens für sie angelegten Dorf Ulupamir
im Osten der Türkei. 37 uses for a dead sheep handelt
von der Geschichte der Pamir-Kirgisen von 1895 bis heute. Das
Filmteam und die Menschen in Ulupamir arbeiteten gemeinsam
daran, wichtige Szenen dieser Geschichte nachzustellen. Während
Interviews und Rekonstruktionen sich mit der Vergangenheit
beschäftigen, zeigt der Film gleichzeitig, wie die Pamir-Kirgisen
in der heutigen, modernen Türkei leben.
Im russischen Pamir
In der ersten Spielszene treffen sich britische und russische
Funktionäre, um eine Pufferzone zwischen dem russischen
Zarenreich und der britischen Kolonie Indien zu schaffen. Mit
dem willkürlich in die Weltkarte eingezeichneten Afghanistan
wird das Land der Kirgisen in drei Teile zerrissen, den russischen,
den chinesischen und den afghanischen Pamir.
Zunächst leben die Pamirkirgisen hauptsächlich im
russischen Pamir. Mit der russischen Revolution beginnt jedoch
eine schwierige Zeit. Die Pamirkirgisen sträuben sich
dagegen, ins Sowjetsystem eingegliedert zu werden. Es kommt
zu Kämpfen zwischen Kirgisen und Roter Armee; in 37
uses von Ben Hopkins im Stil des frühen sowjetischen
Films inszeniert. Die Sowjets werden von Schauspielern des örtlichen
Staatlichen Theaters gespielt – das antirussische Ressentiment
wird auf komische Art und Weise deutlich, als der achtzigjährige
Hayet Haji in der Drehpause aus purem Übermut die Schauspieler
mit einem Requisitengewehr attackiert.
Der Kampf gegen die Sowjets dauert über zwei Jahrzehnte.
Während der gesamten Zeit setzen die Kirgisen den Handel
mit den Nachbarländern China und Afghanistan fort. Der
95-jährige Mehmet Emin Yildrim erzählt von dieser
Zeit, in der das Verhältnis der turkischen Völker
in Zentralasien freundschaftlich und kooperativ war.
Vom chinesischen in den afghanischen
Pamir
Die Kirgisen geben schließlich ihren Widerstand gegen
die Sowjets auf und ziehen sich in den besser geschützten
Raum des chinesischen Pamirs zurück. Doch die Wahl des
Zeitpunkts dafür ist denkbar schlecht. China steht kurz
vor der Machtübernahme durch Mao Tse Tung, und nur einige
Jahre später fliehen die Kirgisen erneut vor dem Kommunismus,
diesmal in den festungsartig von Bergen eingeschlossenen afghanischen
Pamir, einen der abgeschiedensten und unwirtlichsten Orte der
Welt.
Durch die Höhenlage und das Klima im afghanischen Pamir
waren die Lebensbedingungen extrem rauh. Die Kindersterblichkeit
beträgt fast 50 Prozent. In den Geistergeschichten der
Großmütter Mestane und Turgun über den bösen
Dschinn, der Kinder und Mütter bei der Geburt tötete,
werden die Schwierigkeiten des Lebens im afghanischen Pamir
spürbar.
Trotz des rauen Klimas entwickelt sich der Viehbestand prächtig.
Der Führer der Pamirkirgisen Haj Rahman Qu organisiert
die Wirtschaft des Stammes neu, ein bescheidener Wohlstand
stellt sich ein. Der Schafexperte Baki Bahader erzählt
von den schier endlosen Verwendungsmöglichkeiten für
die verschiedenen Körperteile und Produkte eines Schafs – in
einer Kultur, in der alles Lebensnotwendige von den gehaltenen
Tieren kommt, wird nichts verschwendet. Nach ungefähr
30 Jahren setzt die Regierungsübernahme pro-sowjetischer
Kräfte in Afghanistan dem ruhigen Leben der Kirgisen ein
Ende. Zu Recht fürchtet man eine Invasion Afghanistans
durch die Sowjetunion. Der gesamte Stamm flieht mit 30.000
Tieren über die hochgelegenen, kaum passierbaren Gebirgspässe
hinüber nach Pakistan.
Ulupamir
Die Kirgisen finden Aufnahme in pakistanischen Flüchtlingslagern.
Doch viele vertragen das heiße Klima nicht.Krankheiten
brechen aus, der Viehbestand schrumpft rapide. Haj Rahman Qul
schreibt verzweifelte Briefe an Regierungen auf der ganzen
Welt, in denen er einen neuen Aufenthaltsort für sein
Volk sucht. Nach vier Jahren treffen, in ein- und derselben
Woche, endlich zwei Angebote ein: zunächst eines aus Alaska,
dann das aus der Türkei.
Die Kirgisen entscheiden sich – als turkisches Volk,
das eine turkische Sprache spricht und moslemischen Glaubens
ist – für die Türkei. 1982 werden sie von Islamabad
per Luftbrücke in den Osten der Türkei gebracht,
wo sie bis zum heutigen Tag leben.
Die Probleme von heute sind andere. Es gibt im Osten der Türkei
nur wenig Arbeit. Die meisten jüngeren Pamirkirgisen gehen
nach Istanbul und arbeiten in der Lederverarbeitung. Nur wenige
haben das Glück, wie die junge Operationsschwester Özlem,
einen modernen, hochqualifizierten Beruf zu finden. Die jüngere
Generation entfernt sich zunehmend von der traditionellen Kultur.
Mümtaz, ein junger Kirgise, der ein Internetcafé in
Istanbul betreiben möchte, prophezeit, dass Ulupamir in
30 Jahren verlassen sein wird.
37 uses
Dies ist die Geschichte, die der Film in seiner Montage aus
Interviews und Rekonstruktionen erzählt. Darüber
hinaus zeigt er, was zwischen dem Filmteam und den Kirgisen
geschieht, von Hinweisen auf den Schnurrbart des alten Haj
Rahman Qul über die Frage traditioneller kirgisischer
Kleidung – die die Männer in Ulupamir, im Gegensatz
zu den Frauen, nicht mehr besitzen – bis hin zu Diskussionen
darüber, wie das Leben der Vorfahren dargestellt werden
kann, ohne ihr Andenken zu verletzen. Auf diese Weise erfahren
wir viel über das heutige Leben der Pamir-Kirgisen und
ihr Verhältnis zu ihrer Geschichte – und schauen
gleichzeitig dem immer wieder absurden Prozess des Filmemachens
zu, in dem der Humor der Protagonisten auf wunderbare Weise
dem der Filmemacher begegnet.
37 uses for a dead sheep wird so zu einem historischen
Dokument, einer lebendigen, niemals vereinnahmenden ethnografischen
Studie eines einzigartigen Volkes, zur Darstellung des Konflikts
zwischen einer besonderen und einer globalisierten Kultur – und
einer Komödie über den Prozess des Filmemachens.
Top
Credits und Stab
Haji Rahman Qul (Älterer Mann) … Arif
Kutlu
Haji Rahman Qul (junger Mann) … Alpaslan
Kutlu
Der Händler … Süleyman
Atanìsev
Der arme Mann … Ìsmaìl
Atìlgan
Die Frau des armen Mannes … Sereban
Aslan
Die Tochter … Aysun Uçar
Der Giftmörder … Esat
Tanrìverdì
Jabbar Qul … Sabur Vatan
Die Rote Armee … Ensemble des
staatlichen Theaters von Van
... und die Kirgisen aus Ulupamir Köyu
Regie … Ben Hopkins in Zusammenarbeit
mit Ekber Kutlu
Produzenten … Natasha Dack,
Ben Hopkins, Nikki Parrott
Kamera … Gary Clarke
Schnitt … Marco van Welzen
Ausstattung, Kostüm, Make-Up … Seda
Orsel
Musik … Paul Lewis
Ton … Hasan Baran
Regieassistenz … Fevzì Bozbay
Produktionsleitung … Cem Mansuroglu
Licht … Mehmet Parlak, Cuneyt
Ozenc
Kamerassistenz, Zweite Kamera … James
Tovell
Produktionsassistenz … David
Martin
Tonassistenz … Sonat Hanger
Eine Produktion von … Tigerlily
Films in Verbindung mit BBC und ARTE
Im Verleih der … Piffl Medien
UK 2006, 85 min., 35mm, Farbe und sw
Top
Filmografien
Ben Hopkins – Regie
Nach seinem vielfach preisgekrönten Kurzfilm National
Achievement Day (1995) legte Ben Hopkins 1999 mit Simon
Magus seinen ersten Spielfilm vor, der in den Wettbewerb
der Berlinale eingeladen wurde. 2000 folgte The Nine
Lives of Tomas Katz, der u.a. mit dem Evening Standard
British Film Award und auf dem Fantasporto-Festival ausgezeichnet
wurde. Sein Dokumentarfilm Footprints (2003) beschäftigte
sich mit Cluster-Bomben und Landminen in Afghanistan und
Laos. Neben seiner Arbeit als Filmemacher ist Ben Hopkins
als Autor für Film und Theater tätig. Zur Zeit
arbeitet er an seinem ersten Roman und bereitet seinen nächsten
Spielfilm mit dem Arbeitstitel Market vor.
Gary Clarke – Kamera
Gary Clarke wechselte von der Fotografie zur Filmkamera und
hat seitdem mehr als zehn Spiel- und Dokumentarfilmen für
Channel 4 und die BBC gedreht, u.a. Carl Hindmarchs The
Real James Bond Gadgets (2002) und If ... we could
stop the violence (2004). Mit Ben Hopkins hat Gary Clarke
bereits an Footprints (2003) gearbeitet.
Marco van Welzen – Schnitt
Marco van Welzen arbeitet, nach verschiedenen Filmtätigkeiten
(u.a. Produktionsassistenz bei Left Luggage – Kalmans
Geheimnis, 1998) als Schnittmeister für Film und
Fernsehen, u.a. für George Miltons Spielfilm The Truth (2006).
Paul Lewis – Musik
Seit den 60er Jahren Komponist für Film, Fernsehen und
Bühne, u.a. für Monty Python’s Flying Circus,
die Benny-Hill-Show, Minder, die Ross-Abbot-Show, Count
Duckula, Dangermouse und Time Bandits.
Natasha Dack – Produzentin
Natasha Dack produzierte u.a. John Dowers Electric Frank (1998;
ausgezeichnet auf dem Filmfestival Locarno) und First Communion
(2002, Dennis-Potter-Award), für die BBC die 13-teilige
Kinderserie Patrick’s Planet sowie für
Channel 4 den Spielfilm Pleasureland (Regie: Brian Percival),
der den BAFTA-Preis und den Royal-Television-Society-Award
gewann.
Nikki Parrott – Produzentin
Zu Nikki Parrotts Produktionen zählen Footprints (2003,
Regie: Ben Hopkins), Transit (2005, Regie Niall MacCormick),
der in Amerika, Mexiko, Russland und Kenia gedreht wurde, und The
Alexis Project über ein Jahr im Leben der bekannten
Drag Queen Alexis Arquette, in dem dieser sich auf eine Geschlechtsumwandlung
vorbereitet.
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Spieltermine und Kinolinks
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